18. 12. 2020.

Nahrungsmittelallergien betreffen nur etwa 4 % der Bevölkerung in Deutschland – auch wenn weit mehr Patienten eine Nahrungsmittelallergie als Grund für ihre Beschwerden vermuten. Diese 4 Fakten sollten Sie kennen, um eine Nahrungsmittelallergie korrekt zu diagnostizieren.

Treten nach dem Verzehr von Nahrungsmitteln wie Milch, Weizen, Nüssen oder Früchten Beschwerden auf, sprechen viele Patienten bereits von einer Allergie. Dass das nicht immer korrekt ist, zeigte eine aktuelle, US-amerikanische Studie mit 40.443 Erwachsenen.1 Obwohl 19 % der Studienteilnehmer angaben, an mindestens einer Allergie zu leiden, konnten die Wissenschaftler nur bei knapp 11 % eine Allergie, also ein typisch allergisches Symptom im Zusammenhang mit einer IgE-Sensibilisierung, nachweisen.

Eine Studie aus dem Jahr 2004 deutet darauf hin, dass die tatsächliche Prävalenz von Nahrungsmittelallergien in Deutschland wahrscheinlich noch niedriger liegt: nämlich um die 3,7 % bei den Erwachsenen und 4,2 % bei Kindern. Woher rührt diese Fehleinschätzung der Patienten?

Da in beiden Fällen gastrointestinale Beschwerden auftreten können, verwechseln Patienten Intoleranzen immer wieder mit einer Allergie. Doch nur die IgE-vermittelte Nahrungsmittelallergie kann zu einem anaphylaktischen Schock führen. Deshalb müssen Sie diese klar von einer Intoleranz abgegrenzen können. Dabei helfen können die in der Tab. 1 dargestellten Unterschiede zwischen einer Allergie und Intoleranz.

 

Nahrungsmittelallergie

Nahrungsmittelintoleranz

Pathophysiologie

meist IgE-vermittelte allergische Reaktion (Typ-I-Allergie)

Enzymdefekt (z.B. Lactase- Mangel) bzw. Malabsorption

Klinik

orales Allergiesyndrom 
(Kribbeln/Brennen/Schwellung im Mundbereich), Hautsymptome (Urtikaria, Angioödem, Exantheme), ggf.gastrointestinale, Atemwegs- oder systemische Reaktionen
(Extremfall: anaphylaktischer Schock)

primär gastrointestinale Symptome: Bauchschmerzen, Meteorismus, Sodbrennen, Obstipation/Diarrhoe)

Diagnostik

Anamnese, IgE- Nachweis (Hauttest oder serologisch), ggf. Provokationstest

Anamnese, Ausschlussdiät, ggf. weitere Tests wie H2-Atemtest und Ausschluss gastrointestinaler Differenzialdiagnosen (z.B. Koloskopie)

Therapie

Allergenkarenz, ggf. Ausstattung mit Notfallset (Antihistaminikum und Kortikosteroid)

Meiden auslösender Nahrungsmittel (z.B. lactose- oder histaminarme Kost), ggf. orale Lactase-Substitution

Tab. 1: Unterschiede zwischen Nahrungsmittelallergien und -intoleranzen im Überblick.

Bei Erwachsenen kommen sekundäre Nahrungsmittel-Allergien auf Grundlage von Kreuzreaktionen deutlich häufiger vor als bei Kindern. Dabei richtet sich die primäre Sensibilisierung vor allem gegen Inhalationsallergene, wobei verschiedene Kreuzallergene zu einer IgE-Aktivierung führen. Ein Beispiel hierfür ist die Birkenpollen-Allergie, die z.B. zu Kreuzreaktionen mit Apfel, Pfirsich und Haselnuss führen kann. Beifußpollen-Allergiker hingegen reagieren häufig auf Sellerie.

Beim Verdacht auf eine Nahrungsmittelallergie sollten Sie gemäß der aktuellen S2k-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie e.V. (DGAKI) folgende Schritte zur Diagnostik durchführen:

Anamnese: Eigen- und Familienanamnese, ggf. Ernährungs- und Symptomprotokoll
Sensibilisierungstest: IgE-Bestimmung und/oder Haut-Pricktest
kontrollierte orale Provokation und Überprüfen der klinischen Relevanz

Ist der spezifische Auslöser für die vermutete Allergie nicht bekannt, können bei Bluttests zur IgE-Diagnostik sogenannte Symptom-Profile hilfreich sein. Dabei handelt es sich um eine Zusammenstellung der häufigsten Auslöser für den jeweiligen Allergie- und Patiententyp. So gibt es Gastro-Profile für Kinder und Erwachsene, in denen die klassischen Nahrungsmittelallergene im jeweiligen Lebensalter enthalten sind. Dabei sind auch kreuzallergische Reaktionen berücksichtigt.

Forrás: www.coliquio.de